Lehren aus der Katastrophe ziehen

Sinzig4Future fordert naturverträglichen und nachhaltigen Aufbau.

Noch sind wir alle mit der Soforthilfe nach der Hochwasserkatastrophe beschäftigt. Unsere Gedanken sind bei all den Menschen die bei dieser Katastrophe so viel verloren haben. Die Trauer und der Schmerz über die vielen Toten und die persönlichen Verluste überwiegen und stehen im Vordergrund.

Sinzig4Future hat die Ausstellung „Das Klima und ich“ – die genau die jetzt schmerzlich erfahrenen Folgen unseres bisherigen Handelns aufzeigt und vielfältige Lösungsmöglichkeiten anbietet – in der Bachovenstraße 1 unterbrochen. In Absprache mit der Volksbank RheinAhrEifel eG, dem Basecamp Fluthilfe und dem CoWorking Sinzig wurden die Räume als Unterkunft für Helfende zur Verfügung gestellt. 

Wir alle haben nun hautnah und schmerzhaft erleben müssen, wie schnell Naturereignisse unser ganzes Leben erschüttern und im wahrsten Sinne des Wortes wegspülen können. Dass solche Ereignisse in Zukunft aufgrund der Klimaveränderungen zunehmen werden, ist weitgehend unbestritten. Wir erkennen jetzt, wie viel Raum wir den Bächen und Flüssen lassen müssen, um bei solchen Extrem-Wetterlagen genug Platz für den Abfluss der Wassermassen zu haben. Und wir erkennen, in welchen Bereichen wir relativ sicher sind. Es stellt sich die Frage, was wir für eine sichere Lebensweise in Flusstälern lernen können. Sollten wir alles so wiederaufbauen, wie es war oder sollten wir den Naturgegebenheiten wieder mehr Raum einräumen und den natürlichen Anforderungen unseres Lebensraumes höchstmöglich Beachtung schenken? Mit oder gegen die Natur planen?

Sobald es die Situation zulässt, sollten wir im Kreis Ahrweiler eine offene Diskussion zu Art und Umfang des Wiederaufbaus führen. Ein „Weiter so“ darf es nicht geben. Nachhaltiges Bauen und der naturverträgliche Umgang mit Flächen sind dabei die Schlüsselelemente.

Sinzig4Future spricht sich eindeutig für ein nachhaltiges, zukunftsfestes Leben unter höchstmöglicher Berücksichtigung und Schonung unserer natürlichen Lebensgrundlagen aus. Jetzt ist der Zeitpunkt unsere Lebensweise zu überdenken und vieles unter Berücksichtigung folgender Aspekte neu zu planen und zu bauen:

  • Der Ahr und den Zuläufen ist mehr Raum zu geben. Mehr Auenbereiche und natürliche Rückhaltegebiete für die Gewässer im Fahrbereich sind auszuweisen. Kanalisierte und begradigte Fließgewässer sollten zu frei mäandrierenden Gewässern rückgebaut werden, wo dies möglich ist.
  • Die Versiegelung von weiteren Flächen ist zu vermeiden und versiegelte Flächen sind, wo immer möglich, zu öffnen. Versickerungsflächen und Rückhaltung für Regenwasser auf den Grundstücken sollten verbindlich werden. Wasser darf das Grundstück nicht verlassen. Wenn es einmal fließt wird es schnell zum gefährlichen Strom.
  • Nachhaltiges, platzsparendes Bauen nur noch in hochwassersicheren Bereichen. Es dürfen keine neuen Bauplätze in den betroffenen Gebieten ausgewiesen werden. Wo möglich, ist ein freiwilliger Rückbau mit finanzieller Entschädigung zu erwägen. Für alle neuen und neu aufzubauenden Gebäude ist eine Plus-Energie-Bauweise vorzusehen.
  • In den Wohnbereichen sind Fassaden- und Dachbegrünungen sowie Baumpflanzungen zur Regenrückhaltung und für ein angenehmes Stadtklima sukzessive vorzunehmen. Auch in den Außenbereichen, zum Beispiel an Feld- und Wegrändern, sollten Bäume und Hecken angepflanzt und ergänzt werden.
  • Der Schaden durch Öl ist immens. Im Ahrtal sollten Ölheizungen sofort verboten und für Umbaumaßnahmen finanzielle Förderungen angeboten werden. Generell sollten keine fossilen Brennstoffe mehr vorgesehen und erneuerbare Energien forciert werden.
  • Wichtige Versorgungs-, Mobilitäts- und Verwaltungs-Infrastruktur müssen in sichere Bereiche verlegt werden.

  • Um eine weitere Verdichtung der Böden zu vermeiden und die Schwammwirkung der Landschaft zu erhalten, müssen alternative Methoden der land- und forstwirtschaftlichen Bearbeitung angewendet werden. Schwere land- und forstwirtschaftliche Maschinen dürfen unsere Böden nicht weiter zerstören.

  • Acker- und Bearbeitungsfurchen, die bergauf, bzw. bergab angelegt werden, wie z. B. in der Land- und Forstwirtschaft, aber auch im Weinbau, müssen vermieden werden. Hier sollten die Furchen parallel der Höhenlinien angelegt werden, damit das Wasser nicht schnell abfließt. In Asien wird dies seit über tausend Jahren erfolgreich praktiziert.

  • Klassische Forstwirtschaft mit Nadelbaum-Plantagen, in denen das Regenwasser kaum gehalten wird, sollte einer ökologischen und nachhaltigen Waldbewirtschaftung weichen. Laubwälder verhindern schnelles Abfließen von Regenwasser. Gesunde Laubwaldgebiete können Starkregen komplett auffangen und langfristig speichern. Die Einrichtung von Urwaldgebieten bindet nicht nur viel CO2, sondern auch viel Wasser!

Sinzig4Future fordert alle Zuständigen dazu auf, das schwer getroffene Ahrtal unter der Berücksichtigung dieser Aspekte naturverträglich und zukunftsfest zu gestalten.

Das Ahrtal hat damit die einmalige Chance zu einer Vorbildregion zu werden!

Pressemitteilung Sinzig4Future